Marta Pagans

View Original

Beweise dir nur einmal das Gegenteil

© Robinson Recalde via Unsplash

(ODER: WIE ICH DIE STIMMEN IN MEINEM KOPF BERUHIGE)

Das kannst du nicht. Das liegt dir nicht. Lass es lieber sein …

Hast du auch so eine innere Stimme, die dich stets begleitet? Die dich davon abhält, etwas Neues auszuprobieren? Sei es, sich in ein neues Fachgebiet oder ein Tool einzuarbeiten, kalte Akquise zu betreiben, an einem Online-Treffen teilzunehmen oder in den sozialen Medien aktiv zu werden …? Eine innere Stimme, die dich im Endeffekt davon abhält, dich weiterzuentwickeln?

Ich habe so eine Stimme. O ja! Sie ist leise, aber hartnäckig. Sie taucht immer auf, wenn ich sie am wenigsten gebrauchen kann. Inzwischen nenne ich sie ganz liebevoll „Marta, die Strenge“. Ich weiß jetzt nämlich, sie meint es nur gut mit mir. Sie will mich davor bewahren, enttäuscht zu werden oder mich gar zu blamieren. „Marta, die Unternehmungslustige“ kommt manchmal auf ganz verrückte Ideen. Wenn eine davon mal schiefgehen sollte, wäre „Marta, die Zarte“ am Boden zerstört … 

Ja, seit einer Weile beschäftige ich mich mit den unterschiedlichen Stimmen in meinem Kopf. Denn eins ist mir vor einiger Zeit klar geworden: Meine größten Hürden sind im Kopf. Deswegen arbeite ich immer wieder an mir. Ich lese viel und probiere einiges aus.

Wenn du das auch machen möchtest und dir härtere Kost nicht abschreckt, sind die Gedanken zum Inneren Team“ von Schulz von Thun vielleicht etwas für dich.

Wenn du (so wie ich) pragmatischer unterwegs bist, kann ich dir diesen Artikel und diesen Ansatz von Claudia Kauscheder sehr ans Herz legen. Der Zeitmanagementexpertin verdanke ich vieles (auch die Überschrift dieses Artikels!). Um Glaubenssätze aufzulösen, empfiehlt sie, unserer inneren Stimme Schritt für Schritt das Gegenteil zu beweisen.

Letzten Jahr im Sommer ergab sich für mich eine wunderbare Gelegenheit, mir zu beweisen, dass ich doch vor Publikum sprechen kann.

Vor Publikum sprechen? Ich? Allein bei dem Gedanken bekomme ich Herzklopfen.

Schon in der Grundschule war Vorlesen für mich eine Qual. Mich im Gymnasium zu melden war jedes Mal ein Graus. Referate bereiteten mir in der Uni etliche schlaflose Nächte. Mir war schon immer klar: vor mehreren Menschen zu sprechen ist nicht meins. Auf dem Papier klappt alles viel besser.

Trotzdem habe ich mich im Juli 2020 darauf eingelassen, beim Online-Regionalgruppentreffen meines Übersetzerverbands eine kurze Einführung zu SEO zu halten. Dazu gab es viele mildernde Umstände.

Ein wohlwollenderes Publikum als meine Kolleginnen und Kollegen aus Ludwigshafen hätte ich mir nicht wünschen können. Das Online-Format war mir inzwischen gar nicht mehr fremd, das Thema Suchmaschinenoptimierung faszinierte mich und die Grundlagen beherrschte ich damals schon.

Mein bewährtes Mittel gegen Nervosität war schon immer, nichts dem Zufall zu überlassen. Dementsprechend habe ich meine Präsentation akribisch vorbereitet und immer wieder geübt – beim Spazierengehen, Duschen, Aufräumen und Kochen. Auch mehrmals vor lieben Menschen, die mir wertvollen Feedback gegeben haben.

An dem Abend hatte ich den Inhalt inzwischen so gut verinnerlicht, dass ich meine Notizen kaum brauchte. Mit der Technik hat alles gut funktioniert. Das Publikum (so mein Eindruck) hörte gespannt zu.

Habe ich es perfekt gemacht? Nein, habe ich nicht. Ich habe mich ein paar Mal versprochen und verhaspelt, den Faden verloren und nach dem richtigen Wort gesucht. Und weißt du was? Das war gar nicht schlimm. Ich habe trotzdem eine informative und kurzweilige Präsentation liefern können. Das hat mir gleich im Anschluss die Leiterin der Gruppe Maria Ruff-König versichert. Als Dankeschön habe ich einen Büchergutschein bekommen. Was für eine nette Geste!

Ja, es war ein rundum gelungener Abend. Was war aber das Schönste für mich? Die Tatsache, dass es mir einen Riesenspaß gemacht hat. Ich habe mir (und meiner inneren Stimme) einmal das Gegenteil bewiesen. Ich kann nämlich doch vor Publikum sprechen!

Das eröffnete mir so viele Möglichkeiten. Seit dem Tag konnte ich mir gut vorstellen, in einem anderen Rahmen mit einem breiteren Thema vor einem größeren Publikum zu sprechen.

Und tatsächlich dieses Jahr im Juni halte ich mit meiner lieben Kollegin Ricarda Essrich mein erstes Webinar für den BDÜ. Es geht um PhraseExpress, eines meiner Lieblingstools. (Übrigens: Hier kannst du das Webinar schon buchen.)

Allein beim Gedanken bekomme ich jetzt schon Herzklopfen, aber bis Ende Juni habe ich reichlich Zeit zum Üben. Ich habe mir schon einmal das Gegenteil bewiesen. Alles andere kommt dann (fast) von allein …

*

Wie sieht es bei dir aus? Hast du auch solche hartnäckigen Stimmen im Kopf? Wobei würdest du dir gerne einmal das Gegenteil beweisen? Schreibe mir gerne in den Kommentaren. Ich bin neugierig!

*

PS: Dieser Artikel erschien ursprünglich in der Ausgabe 3/20 des Sprachrohrs, der Mitgliederzeitschrift des BDÜ Landesverbands Rheinland-Pfalz e.V. Eigentlich wollte ich ihn nur leicht für den Blog anpassen. Am Ende habe ich ihn fast komplett überarbeitet. Das Original kannst du aber hier als PDF sehr schick formatiert herunterladen.